Born in Tibet, made in Switzerland: Die Geschichte hinter Tenz Momo.
Von der Kindheit in Tibet über die ersten Momo an Zürcher Street Food Festivals bis hin zum Aufbau eines Unternehmens mit über 200 Mitarbeitenden – Tenzin Tibatsang, Gründer und CEO von Tenz Momo, erzählt im Interview seine Reise.
Tenzin, kannst du dich kurz vorstellen?
Ich heisse Tenzin Tibatsang, bin 34 Jahre alt und der Gründer, Inhaber sowie CEO der Tenz GmbH, bekannt unter dem Namen Tenz Momo. Geboren in Tibet, floh ich im Alter von fünf Jahren mit meiner Familie nach Indien. Nach viereinhalb Jahren im tibetischen Kinderdorf in Nordindien kam ich mit neun Jahren in die Schweiz. Nach meinem Schulabschluss absolvierte ich eine Ausbildung zum Grafiker und arbeitete anschliessend viereinhalb Jahre in einer Werbeagentur.
Hast du eine Ausbildung im Gastrobereich absolviert?
Nein, ich habe keine Ausbildung in der Gastronomie gemacht.
Wie bist du auf die Idee gekommen, einen Streetfood-Stand zu eröffnen?
Als Kind war es für mich oberste Priorität, so schnell wie möglich Deutsch zu lernen und mich bestmöglich zu integrieren. Nach einigen Jahren merkte ich jedoch, dass ich mich zunehmend von der tibetischen Kultur entfernte. Um meine Wurzeln zu bewahren, engagierte ich mich beim Verein Tibeter Jugend in Europa (VTJE). Ende 2014 begann ich, auf kleinen Quartierfesten und Street Food Festivals in Zürich Momo zu verkaufen – ursprünglich, um tibetische Projekte zu unterstützen. Was als Ausgleich zum Bürojob und als privates Spendenprojekt begann, entwickelte sich rasch zu einer sehr zeitintensiven Leidenschaft.
Warum Momo?
Momo gehören seit meiner Kindheit zu meinen Lieblingsgerichten. Ich entdeckte, welche starke emotionale Verbindung unsere Gemeinschaft zu diesem Gericht hat. Momo werden oft zu besonderen Anlässen oder als Zeichen der Wertschätzung zubereitet. Zudem bringt die gemeinsame Zubereitung die ganze Familie zusammen. So war es naheliegend, Momo zum Mittelpunkt meines Projekts zu machen. Gleichzeitig war der Zeitpunkt perfekt: Street Food Festivals begannen in der Schweiz gerade an Popularität zu gewinnen.
Wer hat dich am Anfang unterstützt?
Als Quereinsteiger war ich sehr auf die Unterstützung von Familie und Freunden angewiesen. Besonders meine Eltern halfen mir in den Anfangsjahren. Später begleiteten mich zwei Jugendfreunde, die bis heute eine wichtige Rolle spielen.
Mit welcher Intention hast du begonnen?
Anfangs wollte ich mit den Einnahmen tibetische Projekte und Vereine unterstützen. Doch schnell wuchs das Unternehmen, und ich stellte immer mehr Mitarbeitende ein. Heute geht es mir auch darum, Arbeitsplätze mit fairen Bedingungen zu schaffen – insbesondere für tibetische Flüchtlinge, um ihnen den Einstieg und die Integration zu erleichtern. Beispielsweise auch mit Deutschkursen, die wir intern anbieten.
Gab es zu Beginn eine Strategie?
Nicht wirklich. Als Quereinsteiger hatte ich grossen Respekt vor der Gastronomie. Ich nahm jeden Ratschlag dankbar an und setzte Projekte mit den mir zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Mitteln um.
Wann hast du gemerkt, dass dein Konzept Potenzial hat?
Schon auf den ersten Street Food Festivals war die Resonanz sehr positiv. Ein Meilenstein war die Eröffnung unseres ersten Restaurants im Lochergut in Zürich. Der Andrang war so gross, dass Gäste teilweise über eine Stunde auf einen Tisch warten mussten – da spürte ich, dass unser Geschäftsmodell trägt.
Wie verlief der Weg von der Gründung bis heute?
Im August 2015 gründete ich die GmbH, anfangs arbeitete ich fast allein. 2017 folgte das erste Restaurant mit den ersten Angestellten. Bis 2022 leitete ich die Firma gemeinsam mit zwei Freunden. Heute beschäftigen wir über 200 Mitarbeitende. Das bringt neue Herausforderungen, verlangt nach klaren Strukturen und guter Führung. Aktuell besteht die Geschäftsleitung aus drei Personen, ich trage als CEO die Gesamtverantwortung.
Was unterscheidet die Gastronomie von anderen Branchen?
Die Gastronomie hat eine besondere Stärke: Sie schlägt Brücken zwischen Kulturen. Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme – es ist ein Erlebnis, das Emotionen weckt und Menschen verbindet. Diese starke emotionale Komponente macht unsere Branche einzigartig. Gleichzeitig ist sie sehr herausfordernd – mit steigenden Kosten, Personalmangel und der Nachwirkung der Corona-Pandemie.
Inwiefern bist du persönlich an diesem Weg gewachsen?
In den letzten zehn Jahren habe ich vor allem meine Führungsfähigkeiten und Flexibilität stark entwickelt. Ich habe gelernt, klare Visionen zu formulieren, mein Team zu motivieren und in schwierigen Situationen schnell zu entscheiden. Diese Erfahrungen haben mich resilienter gemacht – und gezeigt, wie wichtig Kommunikation, Ausdauer und Lernbereitschaft sind.