Interview

In Zukunft mit Robotern?

Wie viel Robotik ist in der Hospitality-Branche, ethisch gesehen, wünschenswert? Darüber haben wir mit dem Technikphilosophen Prof. Dr. Oliver Bendel gesprochen, der sich mit Informations-, Maschinen- und Roboterethik befasst.

Herr Bendel, in Hochschulgastronomie und Pflege gibt es bereits sogenannte soziale Roboter, wie etwa Pepper, die Empathie und Emotionen zeigen. Was halten Sie davon?

Roboter haben keine Gefühle. Wenn sie welche zeigen, kann man das einen Betrug nennen. Aber man sollte bedenken, dass es in bestimmten Situationen notwendig ist, dass ein Roboter wie ein Mensch kommuniziert. Man stelle sich einen Lehrerroboter vor, der einem Menschen etwas beibringt: Es wäre seltsam, wenn der Roboter den Menschen nicht lobt, wenn der eine Aufgabe richtig löst. Auch wenn der Roboter natürlich keinen echten Stolz auf seinen Schüler empfinden kann.

Schwierig wird es, sobald Roboter versuchen, dauerhafte Bindungen zu Menschen herzustellen, indem sie Gefühle beim Menschen erkennen und selbst welche simulieren. Negativbeispiele finden sich nicht nur bei Hardware-Robotern, sondern auch bei Chatbots und Sprachassistenten. Besonders im Umgang mit vulnerablen Gruppen halte ich das für bedenklich, etwa wenn Kinder und Senioren betroffen sind.

Von einem Koch erwarten wir Kreativität. Wird das bald in Vergessenheit geraten, zugunsten von schnellem und billigem Essen nach standardisierten Rezepten aus der Maschine?

Der Koch als Künstler wird hoffentlich nie verschwinden. Ich bin seit 40 Jahren Vegetarier und kann einige Anekdoten von Nudeln mit Tomatensauce oder Gemüseplatten erzählen, die Roboter wohl deutlich besser zubereitet hätten. Aber besondere kulinarische Erlebnisse, wie ich eines in einem individualgastronomischen Familienbetrieb auf Sizilien hatte, werden Roboter uns nicht so bald bescheren.

Können Kochroboter auf ihre Gäste auch individuell eingehen?

Zum Teil ja. Wenn man ihnen ein Profil einspeist, können sie auf Bedürfnisse bestimmter Kunden eingehen. Auch das sind wieder Algorithmen, aber sie sind nicht allgemein, sondern bezogen auf einen Menschen. Das wird in der Gastronomie schon eingesetzt, etwa bei Barney Barista. Da kann man seinen Namen auf einem Display eingeben. Der Roboter merkt sich die Getränke, die man bestellt hat.

Dann kommen Roboter künftig auch in Bars und Cafés zum Einsatz?

Ja, ich denke, künftig wird bei neu gebauten Cafés Platz für Barroboter eingeplant. Auch Cocktail- und Kaffeeroboter werden dazukommen. Deren Interaktion haben wir auch einer einzigartigen Studie namens „How Can Bar Robots Enhance the Well-being of Guests?“ untersucht. Sie sind ein attraktiver Anziehungspunkt in Shopping Malls und an Flughäfen, denn sie unterhalten die Gäste. Ich finde aber, man sollte sie in klassischen Cafés nur zusammen mit menschlichen Servicekräften einsetzen.

Dann werden Menschen im Service unersetzbar bleiben?

Das hoffe ich, denn ein Restaurant bzw. speziell eine Bar oder Kneipe ist eine soziale Umgebung, in der man sich unterhalten möchte. Menschen kommen dorthin, weil sie Anschluss suchen. Zwar können sich auch die Gäste untereinander zusammensetzen, aber ich finde, es fehlt etwas ohne Barkeeper hinter der Theke. Allein schon, dass er Neuankömmlinge begrüßt oder erkennt, wenn jemand genug getrunken hat.

Welche Roboter sehen Sie im Aufschwung?

Ich denke, es wird bald mehr Transport- und Servierroboter wie BellaBot und Plato geben, autonome und teilautonome Modelle. Sie räumen Geschirr ab oder bringen das Essen zum Gast. Bei Hiltl Sihlpost in Zürich ist ein BellaBot zwischen Buffet und Küche unterwegs. In Santa Monica bin ich letztes Jahr einem Transportroboter von Segway begegnet, der von den Angestellten von Coco ferngesteuert wurde.

Wie kann die Zukunft einer Gastronomie mit Robotern aussehen?

Am besten wäre es, wenn Roboter und Menschen dort arbeiten, denn beide haben ihre Vorzüge. In einem vegetarischen Fast-Food-Restaurant hätte ich kein Problem damit, nur von Robotern bedient zu werden. Aber überall, wo man gerne verweilt, wären Roboter allein zu wenig. Im Hiltl kann man gerne weiter automatisieren, aber bedient werden möchte ich im Restaurant des Haupthauses gerne von Menschen. Wobei sich die Servicequalität gerne noch verbessern darf.

Herzlichen Dank für das Gespräch! Denise Kelm

Das Interview in first class, Ausgabe 10-2023


Praxisbeispiele

Roboter mit Schürze

Die Augustinum Service Gesellschaft führte jüngst zwei Abräumroboter in den Seniorenresidenzen in Freiburg und Kassel ein: Holabots von DigPanda. Damit sie etwas freundlicher wirken, hat man ihnen grafisch Schürzen mit dem Augustinum-Logo umgebunden und Namen gegeben. Sie fahren Geschirr vom Bewohnerrestaurant zum Spülbereich. Tonio Haase, der das Projekt betreute, erzählt: „Die Holabots arbeiten Hand in Hand mit den teils auch älteren Kollegen, die dankbar sind, wenn sie ihnen beim Abräumen Wege abnehmen.“ An den Bewohner fahren sie allerdings nicht heran. Dafür ist dem Augustinum die menschliche Beziehung zwischen Mitarbeitern und Bewohnern zu wichtig. Zwar sind die Roboter darauf programmiert, einige Sätze zu sagen, aber letztlich wurden sie stumm gestellt. „Wenn sie ein Hindernis erkannten, forderten sie einen auf, aus dem Weg zu gehen. Das klang in unseren Ohren nicht immer freundlich, daher haben wir die Funktion deaktiviert“, begründet Tonio Haase. Die Bewohner kommen sehr gut mit den Robotern zurecht und treiben Späße mit ihnen. Das Fazit von Christoph Specht, Geschäftsführer der Augustinum Gruppe: “Unsere Bewohner sind weit moderner und forrtschrittlicher, als wir das manchmal glauben. Aber: Ein Roboter ist noch weit davon entfernt, einen Mitarbeiter im Service zu ersetzen, kann aber unterstützen und so mehr Zeit für den Kundenkontakt schaffen.“

Bella spricht Bayrisch

Auch Peter Reichert, Wirt im Wirtshaus Donisl am Münchner Marienplatz, setzt einen Roboter im Service ein. Sein Team unterstützt ein BellaBot vom Hersteller DigPanda: „Er hilft beim Abräumen und ist sozusagen ein Kellner für unsere Kellner. Als Bindeglied zwischen Schänke und Service ist er sehr nützlich, aber an die Gäste heranfahren soll er nicht“, sagt Peter Reichert. Sowohl das Augustinum als auch das Wirtshaus Donisl am Marienplatz beobachten, dass Gäste und Roboter harmonieren. „Unsere Bella spricht bayerisch. Die Kabarettistin Claudia Pichler ist die bayerische Stimme von BellaBot. Das begeistert die Gäste in unserem urigen Wirtshaus“, erzählt Peter Reichert.

Robotik und Feelgood

Im Yaya Onepots werden nur 80 bis 100 Gerichte am Tag ausgegeben. Dennoch läuft das Konzept von Dennis und Kevin Grote mit einem selbst entwickelten Kochroboter. In dem Restaurant in Münster ist alles automatisiert, was geht: Die Gäste bestellen ihre Gerichte über Serviceterminals und könne zusehen, wie der Roboter ihr Menü zusammenstellt. „Der Roboter ist sehr effizient, denn er arbeitet schnell und zuverlässig. Die Qualität ist immer hoch, da er nie vom Standard abweicht. Und wir sparen Personal“, resümiert Dennis Grote. Die Sorge, durch die Automatisierung gingen Arbeitsplätze verloren, teilt Dennis Grote nicht, der sieben GOP-Varieté-Theater mit neun Gastronomiekonzepten besitzt. Denn das YaYa-Konzept entstand tatsächlich nur, weil für die Expansion das Personal fehlte. Wert auf menschlichen Service legt man trotzdem: „Wir haben einen Feelgood-Manager angestellt, der sich nur um das Wohl der Gäste kümmert – und ihnen an den Terminals hilft.“

 

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